Fungizide im Boden: Bakterienstämme könnten beim Abbau helfen
In der Landwirtschaft werden Fungizide eingesetzt, um Pflanzen gegen Pilzkrankheiten zu schützen. Doch diese Substanzen bleiben nach der Ernte oft im Boden zurück. Sie sind langlebig und können Ökosysteme kontaminieren. Die Mikrobiologin Katharina Kraxberger, Leiterin der Forschung und Entwicklung beim oberösterreichischen Biotech-Unternehmen Multikraft, hat ihre Dissertation der Suche nach Bakterienstämmen gewidmet, die diese Substanzen schneller abbauen können.
Kraxberger verweist auf Berichte der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), wonach sich Rückstände verschiedener Wirkstoffe in Lebensmitteln, im Wasser und in den Böden nachweisen lassen. "Die Wirkstoffe, die heute in unserer Umwelt schlummern, sind immer noch die, die oft schon vor Jahrzehnten ausgebracht wurden. Darunter äußerst bedenkliche, die nicht nur Pilze, sondern auch menschliche Zellen und andere Organismen angreifen können. Und trotzdem wird das kaum beachtet", warnt sie. "Wenn wir weitermachen, wie bisher, ist der Großteil unserer Böden in ca. zehn Jahren unbenutzbar. Gepaart mit Wetterextremen könnten die Erträge in Österreich um knapp 50 Prozent zurückgehen", so ihre Prognose.
Fungizide oft langlebig
Rund 450 aktive Wirkstoffe von Pestiziden sind in der EU zugelassen, einer der gängigsten ist Azoxystrobin. Das Fungizid wirkt, indem es in die ATP1-Produktion von Pilzen eingreift und diese absterben lässt. Nachteil: Es sei mit einer Halbwertszeit bis zu 300 Tagen recht langlebig und kann aufgrund seiner Wirkungsweise nicht nur Pilze, sondern auch menschliche Zellen und die anderer Organismen angreifen, sagt Kraxberger. Sein Abbau ist kaum erforscht - das wollte sie in ihrer Dissertation an der Universität für Bodenkultur in Wien nachholen. Unterstützt wurde ihre Arbeit auch von ihrem Dienstgeber sowie vom Austrian Institute of Technology (AIT) und von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).
Die Mikrobiologin hat in Tulln in Niederösterreich und am Multikraft Standort in Pichl bei Wels in Oberösterreich ein Modell erstellt, wie man das Fungizid mithilfe von Mikroorganismen abbauen könnte. Die chemischen Substanzen werden zwar auch auf natürlichem Weg in der Umwelt abgebaut, allerdings dauert dieser Prozess in der Regel sehr lange. Bakterien können ihn beschleunigen. Einige Stämme hatten zudem positive Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum.
Abbau durch Bakterien deutlich schneller
Die effizientesten Stämme zeigten eine Abbauleistung von 29 bis 72 Prozent. Das bedeutet, dass beim am besten abbauenden Stamm - unter Versuchsbedingungen - innerhalb von Tagen oder Wochen von der ursprünglich vorhandenen Menge noch 28 Prozent nachweisbar waren. Dadurch gibt es auch deutlich weniger Rückstände, die den teilweise langwierigen Abbauprozess durchlaufen.
Nun setzt Kraxberger mit ihrem Team bei Multikraft ihre Arbeit fort und ist optimistisch, dass bereits in wenigen Jahren eine erste marktfähige Lösung entwickelt werden könnte. "Sind die biologischen Prozesse dahinter erforscht, könnten auch bereits aufgegebene Flächen wieder aufgebaut werden", hofft Geschäftsführer Lukas Hader. Das Biotech-Unternehmen aus Pichl bei Wels, das rund 50 Mitarbeitende zählt, hat sich auf Produkte spezialisiert, die auf der Wirkung von Mikroorganismen basieren und ist nach Firmenangaben Marktführer in diesem Bereich. Mit seinen Produkten setzt Multikraft um die 50 Mio. Euro im Jahr um, wobei die Landwirtschaft rund 70 Prozent ausmacht und der Wachstumstreiber sei.