Schwangerschaft und Gefäßumbau - ECFC als Schlüsselakteure
Eine Schwangerschaft führt zu massiven strukturellen und funktionellen Veränderungen im Körper der werdenden Mutter. Wie sich die Blutgefäße während dieser Zeit anpassen, um den Fötus und die Plazenta optimal zu versorgen, hat eine Studie der Med Uni Graz untersucht. Demnach könnten Endotheliale Vorläuferzellen künftig durchaus auch zur frühzeitigen Erkennung von Risikoschwangerschaften beitragen.
Während einer Schwangerschaft verändert sich sowohl das Immunsystem wie auch der Glukosestoffwechsel der Mutter signifikant. Diese Immun- und Stoffwechselanpassungen erfordern auch einen umfassenden Gefäßumbau. Bereits bekannt ist, dass bei regenerativen Vorgängen im Gefäßsystem die sogenannten Endothelialen Vorgängerzellen im Blut, und hier speziell die Endothelialen koloniebildenden Zellen (ECFC), eine wichtige Rolle spielen. Während die diagnostische und therapeutische Bedeutung dieser Zellen - die sich im Blutgefäß schließlich zu reifen Endothelzellen entwickeln können - im Bereich von Herz-Kreislauf-Erkrankungen intensiv erforscht wird, war über ihre Rolle in der Schwangerschaft bisher jedoch noch wenig bekannt.
In Spätschwangerschaft am aktivsten
Die Studie unter der Leitung von Ursula Hiden und Evelyn Jantscher-Krenn (Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Med Uni Graz) beleuchtete die spezielle Bedeutung von ECFC während des Schwangerschaftsverlaufs. Dazu untersuchte Erstautorin Marie-Therese Weiser-Fuchs die ECFC aus dem Blut gesunder Frauen in drei unterschiedlichen physiologischen Stadien: nicht-schwangere Frauen, Frauen in der Frühschwangerschaft und Frauen in der Spätschwangerschaft. Die Ergebnisse wurden im "Journal of Physiology" publiziert.
Darin zeigte sich, dass ECFC in der Spätschwangerschaft am aktivsten sind, schneller wachsen und mehr Kolonien bilden, als expandieren. Unter dem Mikroskop waren zudem je nach Schwangerschaftsstatus signifikante Unterschiede in der Zellform bemerkbar: Während ECFC bei nicht-schwangeren Frauen spindelförmig sind, nehmen sie bei schwangeren Frauen, besonders in der Spätschwangerschaft, eine rundere Form an. Diese Unterschiede könnten für ihre Funktion bedeutend sein, beispielsweise als Hinweis auf unterschiedliche Aktivierungszustände, vermuten die Autorinnen.
Stoffwechsel und Entzündungsstatus beeinflussen
Die Studie zeigte auch, dass das Wachstum der ECFC durch metabolische und entzündliche Faktoren beeinflusst wird: So zeigte sich bei erhöhten Cholesterinwerten und Triglyceriden und erhöhten Entzündungsmarkern eine stärkere Koloniebildung.
Und interessanterweise war die Aktivität der Zellen in der Frühschwangerschaft höher, wenn die Frau ein Mädchen erwartete. Bei Frauen, die einen Buben erwarteten, war das in der Spätschwangerschaft der Fall. "Dieser bisher nicht beschriebene Zusammenhang deutet auf eine geschlechtsspezifische Steuerung des mütterlichen Gefäßsystems hin, die möglicherweise durch Unterschiede im plazentaren Sekretom vermittelt wird", erklärte Erstautorin Marie-Therese Weiser-Fuchs. Das plazentare Sekretom ist die Gesamtheit an Stoffen, die von der Plazenta abgegeben werden.
Gestationsdiabetes steigert ECFC-Koloniebildung
Und nicht zuletzt zeigten Frauen mit Gestationsdiabetes eine erhöhte ECFC-Koloniebildung im Vergleich zu gesunden Schwangerschaften. "Dies könnte auf eine kompensatorische - also ausgleichende - Aktivierung des Reparatursystems der Gefäße hinweisen", so Weiser-Fuchs. Hier könnten ECFC somit zur frühzeitigen Erkennung von Risikoschwangerschaften beitragen.
Service: "Pregnancy shifts endothelial progenitor cell morphology and function: Role of metabolism, proinflammatory cytokines and fetal sex", Link zur Studie: https://physoc.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1113/JP288038