Bakterienproteine als Verstärker für universellen Influenzaimpfstoff
Wissenschaftern mit dem aus Österreich stammenden Impfstoffforscher Florian Krammer könnte ein Fortschritt bei der Entwicklung einer breit wirksamen, nasalen Influenza-Vakzine gelungen sein. Sie haben durch Zusatz von Adjuvantien aus Bakterienproteinen einen Schutz bei Mäusen hervorrufen können, haben die Experten jetzt in "npj Vaccines" berichtet.
Die bisher etablierten Influenza-Vakzine beruhen auf Hämagglutinin, dem am besten eine Immunantwort auslösenden Oberflächenbestandteil der Grippeviren. Doch das Hämagglutinin verändert sich ständig, was gegen die saisonale Influenza eine bis zu jährliche Anpassung der Impfstoffe nötig macht.
Dem will die Wissenschaft durch die Nutzung des zweiten Oberflächenbestandteils der Grippeviren, der Neuraminidase, entgehen. Die Neuraminidase von Influenzaviren ist viel "konservierter", ändert sich also mit der Zeit kaum und ist auch zwischen einzelnen Influenza-Virusstämmen ähnlicher.
Kirill Wassilew von der Icahn School of Medicine am Mount Sinai in New York und seine Co-Autoren, unter ihnen der auch an der MedUni Wien aktive Florian Krammer: "Die derzeit gängigen Grippeimpfstoffe rufen enge, stammspezifische Immunreaktionen hervor, die sich vor allem gegen die immundominante Kopfdomäne des viralen Hämagglutinins (HA) richten. Während eine Immunität gegen HA einen besseren Schutz gegen eine homologe Virusinfektion (exakt passender Virusstamm; Anm.) bieten kann, ist eine verstärkte Immunität gegen das zweite Glykoprotein des Grippevirus, die Neuraminidase (NA), bekanntermaßen entscheidend für den Schutz und die Verringerung des Schweregrads der Erkrankung bei einer Infektion mit antigenmäßig abweichenden oder heterologen Erregerstämmen (basierend auf HA)."
Adjuvantien erforderlich
Antikörper gegen die Neuraminidase der Grippeerreger können auch zur Verringerung der Virusausscheidung von Infizierten beitragen, was eine weitere Schutzwirkung ausmachen könnte. Das Problem, so die Wissenschafter: "Während eine natürliche Infektion starke gegen die Neuraminidase gerichtete Immunreaktionen auslöst, ist die Wirksamkeit der derzeit verfügbaren Impfstoffe bei der Herbeiführung einer robusten Neuraminidase-Immunität unterschiedlich." Man würde daher für solche breiter wirksamen Vakzine Verstärkersubstanzen benötigen.
Die Autoren untersuchten deshalb die Immunogenität und die Schutzwirkung eines nasalen biotechnologisch hergestellten Influenza-Impfstoffes auf der Basis der Neuraminidase mit zusätzlichen Adjuvantien. Dafür wurden Nanopartikel aus Proteinen der äußeren Membran von Meningokokken verwendet, die wiederum an Lipopolysacchariden anderer Keime gebunden sind. Die Versuche liefen an Mäusen ab, die den nasalen Impfstoff erhielten und bei denen man dann auch Infektionen mit verschiedenen Viren auszulösen versuchte.
Die erste Beobachtung: Die mit zwei solcher Adjuvantien verstärkten Impfstoffe schützten Labormäuse nach zweimaliger Gabe der Vakzine in einem Abstand von drei Wochen vor einer Infektion mit dem Influenzavirus, das auch dem Ursprung des Neuraminidase-Antigens entsprach (homolog). Es kam zu einem Anstieg der T-Zellen und zu mehr aktivierten B- und Gedächtnis-B-Zellen. Eine Kreuzreaktivität gab es auch gegen andere H1N1-Influenzavirusvarianten. Außerdem entwickelte sich eine Abwehrreaktion in der Nasenschleimhaut, was besonders bei nasalen Impfstoffen das große Ziel ist. Das soll bereits das Eindringen der Viren in den Organismus verhindern.
Gewichtsverlust statt Tod
Die Mäuse wurden aber auch 30 Tage nach einer zweifachen Immunisierung mit der Vakzine mit einer hohen Dosis eines ganz anderen Influenzavirus belastet. Sie erhielten H5N1-Viren, ehemals aus dem Weißkopfseeadler in Florida identifiziert. "Mäuse, die mit dem H5N1-Virus (...) infiziert wurden, erlitten einen signifikanten Gewichtsverlust, aber die meisten Tiere mit dem verstärkten Impfstoff überlebten, im Gegensatz zu den Tieren von Kontrollgruppen und mit Tieren mit Impfstoff ohne Adjuvans, in denen alle Mäuse bis zum siebenten Tag der Infektion erlagen", schrieben die Wissenschafter.
Das alles könnte jedenfalls dazu beitragen, zu völlig neuen Influenzavakzinen mit breiter Schutzwirkung, leichter Anwendung und direkter Verhinderung des Eindringens der Viren in den Organismus über die Atemwege führen. Die Experten: "Die Aktivierung der immunologischen Schutzmechanismen der Schleimhautoberflächen durch eine Impfung verhindert den Viruseintritt in einem frühen Stadium der Infektion. Außerdem wird die Ausscheidung der Krankheitserreger begrenzt und so die Übertragung in der Bevölkerung eingeschränkt. In früheren Studien an Tieren und in klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass die intranasale Impfung im Vergleich zur intramuskulären Impfung eine höhere Wirksamkeit bei der Vorbeugung von Infektionen oder Erkrankungen (bieten)." Die Forschungsergebnisse zeigen jedenfalls, wie gut Neuraminidase-Vakzine für die nasale Anwendung gegen die Influenza zusammen mit geeigneten Adjuvantien werden könnten.