Grazer ERC-"Starting Grant" für Proteindesign erfolgreich beendet
Proteindesign auf Knopfdruck mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) - ein Grazer Forschungsteam rund um Gustav Oberdorfer hat mit dem 2018 verliehenen Europäischen Forschungsrat "Starting Grant" (ERC) eine Vision zur Realität gemacht. Ihnen gelang es im Projekt HelixMold, eine Methode zu entwickeln, um Proteine am Computer zu designen, die als maßgeschneiderte Biokatalysatoren für die Synthese von Pharmazeutika oder den Abbau von Biopolymeren gedacht sind.
"Stellen Sie sich eine Zukunft vor, in der man Enzyme - die Katalysatoren der Natur - für eine bestimmte Anwendung auf Knopfdruck herstellen kann", beschrieb Oberdorfer am Donnerstag zum Abschluss des Projekts die Vision. Der Forscher am Institut für Biochemie der TU Graz hat das Projekt HelixMold geleitet und 2018 den "Starting Grant" dafür an Land gezogen. Ziel war es, eine breit anwendbare Methode zu finden, um nicht in der Natur vorkommende Proteine mit spezifischen Eigenschaften im Computer zu designen. Zum Ende der Projektlaufzeit haben er und sein Team das Ziel erreicht und damit die Basis geschaffen, um in Zukunft artifizielle Proteine wesentlich schneller und genauer am Computer zu entwerfen.
Die Ausgangslage
"Früher hat man Bruchstücke aus bekannten Proteinen aus einer Proteindatenbank genommen und versucht, sie mit computergestützten Zufallsexperimenten - sogenannten Monte-Carlo-Simulationen - neu zusammenzusetzen, um die beste Anordnung zu finden", erklärte Oberdorfer. "Die kleinen Bausteine sind bei verschiedenen Proteinen oft sehr ähnlich, es ist aber nicht eindeutig feststellbar, wie sie sich dann zu einem großen Ganzen falten. Aus alten Teilen etwas Neues zu bauen, war daher schwierig", so die Ausgangslage 2018.
Oberdorfers Strategie setzte auf dem parametrischen Design auf, hieß es in der Aussendung der TU Graz. Die Grundidee geht auf Francis Crick zurück, der bereits 1953 Berechnungen anstellte, um die Position von Atomen im Protein direkt zu berechnen. Dieses Vorgehen bringt den Forschenden wesentlich mehr Kontrolle und erlaubt es ihnen, am Computer Tausende sehr ähnliche, aber doch leicht unterschiedliche, Startstrukturen zu generieren.
Simulationen am Computer generieren Gerüst
Mit der im Projekt HelixMold entwickelten Methode kann das Forschungsteam am Computer für ein Protein Zehntausende leicht variierte Grundgerüste erzeugen. In der Simulation untersuchen die Forschenden dann, welches der Gerüste ein aus der Natur bekanntes, aktives Zentrum geometrisch aufnehmen kann. Das wiederum ermöglicht katalytische Reaktionen. Ist ein passendes Gerüst gefunden, wird es im Zentrum fixiert. Den Rest des Proteins formt (Englisch: to mold; Anm.) das Team mit einer speziellen Simulationssoftware um das Zentrum herum.
Künstliche Intelligenz spielte im Projekt übrigens eine wesentlich größere Rolle, als zu Beginn angenommen. Die rasanten Weiterentwicklungen im Bereich Machine Learning machte sich auch das HelixMold-Team zunutze, um seine Berechnungen noch effizienter abschließen zu können. Die Grundidee blieb die gleiche, nur ließen sich Ergebnisse schneller erreichen.
KI-Einsatz für Qualitätscheck
KI kam etwa bei sogenannten Loops zum Einsatz: Neben den regulären Elementen in der Proteinstruktur sind diese Loops, unstrukturierte Bereiche, ein wichtiges Protein-Bauteil. Sie sind flexibel und spielen eine wichtige Rolle für die Protein-Funktion und für die Verbindung mit weiteren Strukturelementen. In der Vergangenheit verhielten sich Loops allerdings oft anders als beim Design gedacht. Daher entwickelte Florian Wieser im Rahmen des Projekts eine KI, die mit Tausenden experimentell ermittelten Loop-Strukturen trainiert wurde, um zu lernen, wie plausible Loops aussehen. Diese KI diente im Designprozess als Qualitätscheck, um festzustellen, ob ein Loop-Design gut ist oder nicht.
Die Forschung geht mit den gewonnenen Erkenntnissen nun weg vom Finden und Anpassen natürlicher Proteine hin zum gezielten Design neuer Moleküle für spezielle Aufgaben. "Die Prinzipien und das Wissen, die wir in HelixMold erarbeitet haben, sind ein wichtiger Grundbaustein für weitere Forschung. Jetzt planen wir bereits die nächsten Schritte", so Oberdorfer.