Mit Rückenwind ins neue Schuljahr: JKU Studie zu Sommerschule und Ferienangeboten
Knapp 830 Schüler*innen, die an der Sommerschule teilgenommen haben, hat die Abteilung für Bildungsforschung der Johannes Kepler Universität Linz in den Jahren 2023 und 2024 befragt: Drei von vier Schüler*innen der Sekundarstufe berichten, viel gelernt zu haben, und 80 Prozent der Lernenden schätzen die unterrichteten Inhalte als hoch relevant ein.
In wenigen Tagen beginnt in Österreich die Sommerschule. Sie bietet Schüler*innen die Möglichkeit, Lernstoff zu festigen, Sprachkompetenzen auszubauen und gestärkt ins neue Schuljahr zu gehen. Das kostenlose Angebot findet in den letzten beiden Ferienwochen statt und richtet sich an alle, die ihre Kompetenzen stabilisieren, sprachlich aufholen oder sich gezielt für den nächsten Schritt in ihrer Schullaufbahn rüsten möchten. Der Unterricht erfolgt in kleinen, heterogenen Gruppen und wird von erfahrenen Lehrpersonen sowie Lehramtsstudierenden begleitet.
"Die durchwegs positiven Rückmeldungen unserer Umfrage machen deutlich: Die Sommerschule ist ein wertvolles Zusatzangebot, das von den Schüler*innen als wirksam erlebt wird", betonen die JKU Bildungsforscherinnen Sonja Lenz und Alexandra Postlbauer. Ein besonderer Erfolgsfaktor sei dabei der Unterricht durch engagierte Lehramtsstudierende, die von den Jugendlichen als gute Lehrpersonen wahrgenommen werden, bei denen das Lernen Freude macht.
Qualität von Lern- und Ferienprogrammen Über die Sommerschule hinaus lohnt ein Blick auf weitere Lern- und Ferienprogramme. Denn Sommerferien sind nicht nur Erholungszeit, sie beeinflussen auch die Lernentwicklung von Kindern und Jugendlichen. Unterschiedliche Angebote - von Nachhilfe-Intensivkursen über Sprach- und Science-Camps bis hin zu Sport- und Musikwochen - tragen dazu bei, dass Lernen auch außerhalb der Schule gelingt. Allerdings fehlen bislang integrative Angebote für Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf.
Studien zeigen, dass Kinder während der Ferien unterschiedlich viel lernen oder vergessen: Kinder aus wohlhabenderen Familien machen häufig Fortschritte, vor allem beim Lesen, während Kinder aus benachteiligten Familien eher Wissen verlieren - insbesondere beim Wortschatz und beim Leseverständnis. Im Fach Mathematik sind Rückgänge in allen Gruppen relativ ähnlich. Dadurch vergrößert sich der Abstand zwischen Kindern aus unterschiedlichen familiären Hintergründen. Projekte wie das Jacobs-Sommercamp sollen diese Lernlücken verringern.
Sommerprogramme können hier wirksam gegensteuern. Aus internationalen Studien, insbesondere aus den USA, geht hervor, dass Förderprogramme für leistungsschwächere Kinder klare Lernfortschritte erzielen. Entscheidend sind dabei Qualität und Gestaltung des Programms: Alle Kinder profitieren, aber je nach sozialer Herkunft zeigen sich Unterschiede - während sozial benachteiligte Kinder ähnlich in Lesen und Mathematik zulegen, erzielen Kinder aus wohlhabenderen Familien stärkere Fortschritte in Mathematik. Auch Kinder mit einer Zweitsprache werden durch Ferienprogramme unterstützt. "Gute Ferienprogramme können das Sommerloch schließen und dazu beitragen, Bildungsungleichheiten zu verringern - entscheidend ist aber ihre Qualität", unterstreicht JKU Bildungsforscher Christoph Helm.
Zentrale Qualitätsmerkmale solcher Programme sind:
· eine klare Zielgruppenorientierung
· ausreichende Dauer und Intensität (länger als zwei Wochen für messbare Effekte)
· klar definierte fachliche und soziale Lernziele
· ein strukturiertes Curriculum
· die Verbindung von Lern- und Freizeitaktivitäten
· methodische Vielfalt
· kleine Lerngruppen zur individuellen Förderung
· qualifiziertes interdisziplinäres Personal
· sowie eine positive, wertschätzende Lernatmosphäre.
Weitere Erfolgsfaktoren sind eine hohe Teilnahmequote, kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Evaluation sowie nachhaltige Anschlussmaßnahmen, die auch die Eltern einbeziehen.
Worauf Eltern bei Sommer- und Ferienprogrammen achten sollten Eltern sollten bei der Auswahl eines Camps auf die Lernziele und Inhalte, die Zielgruppenorientierung, den pädagogischen Ansatz (Individualisierung, Kombination von klassischem Schulunterricht und innovativem, kreativem Lernen wie Theaterpädagogik), soziale Lernmöglichkeiten, die Dauer (mindestens zwei Wochen) und transparente Evaluation achten. Wichtig ist auch, wie die Verbindung zur Schule und der Wissenstransfer sichergestellt werden.
Angesichts dieser Ergebnisse appelliert Prof. Helm an Politik, Schulträger*innen und Anbieter*innen, Lern- und Feriencamps konsequent an qualitativen Standards auszurichten, um Bildungsbenachteiligungen abzubauen. Gleichzeitig braucht es integrative Programme für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Eltern sollten Programme kritisch prüfen und sich nach Zielen, Konzepten und Dauer erkundigen. Nur wenn Lern- und Feriencamps sorgfältig konzipiert und evaluiert werden, können sie ihr Potenzial entfalten und allen Kindern gleiche Chancen für einen erfolgreichen Bildungsweg bieten.
Im Herbst erscheint dazu das Buch "Studien und Perspektiven zur Sommerschule", herausgegeben von Christoph Helm, Jana Groß Ophoff und Maximilian Sailer, das vertiefende wissenschaftliche Einblicke in die Ergebnisse und Perspektiven der Sommerschule bietet.
Rückfragehinweis: Mag.a Alexandra Postlbauer Alexandra.postlbauer@jku.at +43 732 2468 7257