Viren-Erbgut in musealen Menschenaffen nachgewiesen
In Menschenaffen-Überresten in Museen kann selten aber doch Erbgut von Viren identifiziert werden, berichtet der Wiener Biologe Martin Kuhlwilm. Wie sich Viren in Tieren entwickeln, bevor sie auf Menschen überspringen, könne man dadurch zwar (noch) nicht nachvollziehen, aber seine vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten Nachforschungen erbrachten eine "forensische" Erkenntnis zu einem Bonner Orang Utan-Exponat. Er entpuppte sich als ehemaliges Zoo- statt Wildtier.
Kuhlwilms Forschungsteam am Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien nahm Gewebeproben von rund 100 Menschenaffen-Museumsobjekten. Darunter waren etwa Felle und Schädel der Tiere, sowie in Alkohol oder Formalin haltbar gemachte Präparate. "Sie kamen aus der pathologisch-anatomischen Sammlung im Wiener Narrenturm, dem Naturhistorischen Museum Wien (NHM) und Museen in Frankfurt, Bonn und Zürich", heißt es in einer Aussendung des FWF.
Erbgut von Tiere, Bakterien und Viren
Die Forscher extrahierten vorhandenes Erbgut aus den Proben, lasen seine "Buchstabenabfolge" (Sequenz) aus, und verglichen sie mit Erbgut-Sequenzen in Datenbanken. In den Proben waren neben dem eigenen Erbgut der Tiere oft solches von Bakterien zu finden, und ein "kleiner Virenanteil", berichten sie. Letzterer stammte in den meisten Fällen aber von Viren, die Bakterien befallen. Er war also medizinisch nicht relevant.
Doch zwei der hundert Tiere waren wohl tatsächlich von Viren infiziert. "Im Fell eines Orang Utans aus dem Naturhistorischen Museum in Wien konnten wir die RNA eines Virus identifizieren, dessen nächster lebender Verwandter das Hundestaupevirus ist", sagte Kuhlwilm im Gespräch mit der APA.
Hinweise auf historischen Mpox-Ausbruch in Zoo
Bei einem Orang Utan aus dem Museum Koenig in Bonn (Deutschland) fanden die Forscher wiederum DNA des Mpox-Virus (Affenpocken). "Wir konnten rekonstruieren, dass das betroffene Tier im Zuge eines Mpox-Ausbruchs starb, der Mitte der 1960er-Jahre im Rotterdamer Zoo den Bestand dezimierte", so Kuhlwilm. Laut Datenbank des Museums hätte es sich aber eigentlich um ein Wildtier handeln sollen. "Es war also nicht bekannt, dass dieses Individuum an einen Wildtierhändler verkauft wurde, der es wiederum an das Bonner Museum verkauft hat", sagte er.
Service: Einschlägige Publikationen: https://doi.org/10.1038/s41598-024-85038-z, https://doi.org/10.1038/s41598-024-80780-w; Link zum Projekt: https://www.fwf.ac.at/forschungsradar/10.55776/TAI729