Wolbachia-Bakterien erfolgreich im Kampf gegen Dengue-Fieber
Das Freisetzen von Moskitos, die künstlich mit sonst ungefährlichen Wolbachia-Bakterien infiziert worden sind und die Bakterien auch auf ihre Nachkommenschaft übertragen, kann Dengue-Fieber-Infektionen drastisch zurückdrängen. Das hat eine Studie des World Mosquito-Programms ergeben, die jetzt bei der Jahrestagung der US-Fachgesellschaft für Tropenmedizin präsentiert worden ist.
Vor fünf Jahren ließen Wissenschafter des World Mosquito Program in der brasilianischen Stadt Niteroi mit rund 500.000 Einwohnern in der Nähe von Rio de Janeiro mit Wolbachia infizierte Moskitos frei. "Wolbachia pipientis, die einzige Art in der Bakteriengattung Wolbachia, ist ein in vielen Insekten vorkommendes Bakterium. Stechmücken wie Aedes aegypti, die Dengue-Viren übertragen, zählen aber nicht zu den natürlichen Wirten. Sie verlieren bei einer Infektion mit Wolbachia die Fähigkeit, Viren auf Menschen zu übertragen", schrieb jetzt das Deutsche Ärzteblatt in einem Tagungsbericht zu dem Jahreskongress der amerikanischen Tropenmediziner in New Orleans (13. bis 17. November).
Heuer starke Epidemie in Brasilien
In diesem Jahr wurde Brasilien von einer ganz besonders starken Dengue-Epidemie heimgesucht. In der Stadt Niteroi war das aber nicht der Fall. "Wir konnten bereits beobachten, wie die Dengue-Infektionen in Niteroi nach dem Einsatz von Wolbachia praktisch auf Null fielen. 2024 kam es wieder zu einem leichten Anstieg. Aber die Fallzahl war noch immer 90 Prozent niedriger als vor der Freisetzung von Wolbachia - und gar nicht zu vergleichen mit dem, was im Rest von Brasilien geschah", berichtete Studienautorin Katie Anders laut der Ärztezeitung. Sie leitet beim World Mosquito Program die Abteilung, die für die Bewertung des Erfolgs von Bekämpfungsmaßnahmen zuständig ist.
"Das Faktum, dass Wolbachia es jetzt seit Jahren schafft, in der lokalen Stechmückenpopulation zu überleben und auch in einem Rekordausbruchsjahr weiter effektiv blieb, zeigt, dass das Bakterium Gemeinden langfristig vor Dengue-Ausbrüchen schützen kann", ergänzte die Expertin in New Orleans.
Rückgang in Testgebiet
Insgesamt sei seit der Einführung von Wolbachia in Niteroi die Häufigkeit von Dengue-Erkrankungen im Durchschnitt auf 84 Fälle pro 100.000 Einwohnern und Jahr gesunken. In den zehn Jahren vor dem Einsatz von Wolbachia seien die durchschnittlichen Raten noch bei 913 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr gelegen.
Die von Jänner bis Juni 2024 in der brasilianischen Stadt dokumentierten 1.736 Dengue-Fälle entsprachen einer Häufigkeit von 336 pro 100.000 in diesem Jahr. Im Vergleich dazu stieg diese Rate im selben Zeitraum in ganz Brasilien auf 3.121 Erkrankungen pro 100.000 Einwohnern, im brasilianischen Bundesstaat Rio de Janeiro auf 1.816 pro 100.000 Menschen.
Große Mengen infizierte Moskitos nötig
"Um Wolbachia in der lokalen Moskitopopulation zu verankern, müssen große Mengen der infizierten Stechmücken freigesetzt werden. Ist dies aber erst einmal gelungen, übertragen die mit Wolbachia infizierten Mücken das Bakterium auf ihre Nachkommen. Dadurch kann der Schutz in einer lokalen Population über Jahre anhalten", schrieb das Deutsche Ärzteblatt.
Negative Effekte durch das Freisetzen der infizierten Stechmücken seien keine beobachtet worden. Gute Erfolge wurden mit ähnlichen Maßnahmen auch in einzelnen Städten in Kolumbien und in Indonesien erzielt, hieß es in New Orleans bei dem Kongress. In Brasilien soll jetzt eine große Einrichtung zum Züchten der bakterien-infizierten Moskitos entstehen.
Häufigstes durch Mücken übertragenes Virus
Die Dengue-Infektion ist eine durch Aedes-Mücken übertragbare Viruserkrankung mit vier unterschiedlichen Serotypen (Typ 1 bis 4), die in unterschiedlicher Häufigkeit in den Verbreitungsgebieten zirkulieren. Dengue gilt weltweit als die häufigste durch Mücken übertragene virale Erkrankung.
Eine Dengue-Infektion verursacht typischerweise eine akut fieberhafte Erkrankung mit starken Kopf-, Muskel-, Knochen- und Gliederschmerzen. Zumeist erholen sich die Betroffenen innerhalb weniger Tage. Das Dengue-Fieber kann aber auch zu schweren Komplikationen und Todesfällen führen. Die Krankheit gilt derzeit als die weltweit häufigste und sich am schnellsten ausbreitende durch Mücken übertragene virale Erkrankung.
Nach Expertenschätzungen infizieren sich jährlich bis zu mehr als 500 Millionen Menschen. Südamerika und der Ferne Osten sind am stärksten betroffen. Derzeit sind in Europa zwei Impfstoffe gegen das Dengue-Fieber zugelassen, von denen einer nicht erhältlich ist. Eine generelle Impfempfehlung für Reisende gibt es noch nicht.