Voraussetzung für Forschung: Commitment des öffentlichen Sektors
Gastbeitrag --- Multiple Krisen erschüttern die wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Entwicklung. Es gilt die sozial-ökologische Transformation umzusetzen und zukunftsfähiges Wirtschaften zu gestalten. Folgende drei Elemente erweisen sich hierfür aus ökonomischer Perspektive als zentral.
Das Commitment des öffentlichen Sektors muss als verlässliche Grundlage für zukunftsgerichtete Forschung herangezogen werden können. Für Österreich sind in erster Linie die verantwortlichen Gebietskörperschaften, Städte, Gemeinden und Länder zu nennen, während der Bund durch größere Distanz zu den spezifischen Herausforderungen wie der Restrukturierung von Unternehmen oder standortspezifischen Thematiken eine nachgeordnete Rolle einnimmt. Dieses Commitment muss sich auf folgenden Ebenen widerspiegeln. Zum einen in der aktiven Erhebung der Forschungsbedarfe, zum anderen in der darauf aufbauenden Vernetzung von Forschenden zu den jeweiligen Schlüsselthemen und letztendlich in einer Bereitstellung einer adäquaten finanziellen Unterstützung. Die anstehendenden Transformationsprozesse können weder durch einen Fokus auf privates Mäzenatentum noch durch unternehmensgeleitete Forschung in ihrer Vielschichtigkeit abgebildet werden, sondern müssen durch die Bereitstellung von öffentlichen Mitteln in ihrer Breite unterstützt werden.
Auf diesem Rahmen baut die Gestaltung der funktionalen Forschungsumsetzung auf. Gefordert sind hier interdisziplinär agierende Teams von Forschenden. Während die Anbahnung der Themen mit den relevanten Stakeholdergruppen und Unternehmen auf dem Commitment des öffentlichen Sektors fußt, ist bei der Bearbeitung zukunftsgerichteter Themen die Offenheit und das Commitment der Forschenden paradigmatische Pluralität zuzulassen gefordert. Diese Ebenen sind auf die Forschungsthemen der sozial-ökologischen Transformation anzuwenden und umfassen beispielsweise die technische Umsetzung neuer Produktionstechnologien von Unternehmen oder das raumplanerische Ziel einer Reduktion der Bodenversiegelung bei gleichzeitiger Ausstattung von neuen energetisch optimierten Wohnvierteln mit öffentlichen Freiflächen und Anforderungen an mobiles Arbeiten.
Als das dritte Element ist ein Thema zu nennen, das sich in den letzten Jahren als gesamtgesellschaftlich zentral erwiesen hat, die wirtschaftliche Allgemeinbildung. Nur das zivilgesellschaftliche Commitment zur kritischen Reflexion der bestehenden Wirtschaftsweise kann den Transformationsprozess ermöglichen. Diese Reflexion ist nur durch das Wissen um die bestehenden ökonomischen und finanziellen Zusammenhänge aus einer interdisziplinären Perspektive möglich. Hier kommen wiederum die Forschenden zum Tragen, die ihre Erkenntnisse an Unternehmen und den öffentlichen Sektor rückkoppeln oder als Lehrende fungieren. Damit schließt sich der Kreis, denn deren Forschung kann nur durch das Commitment des öffentlichen Sektors ermöglicht werden.
Zur Person:
Elisabeth Springler ist Ökonomin und als Studiengangsleiterin für die Studiengänge Europäische Wirtschaft und Unternehmensführung und Europäische Wirtschaftspolitik an der FH des BFI Wien tätig. Zu ihren Forschungsgebieten zählen Geldtheorie und Geldpolitik, Fragen der Finanzmarktstabilität, Wohnungswirtschaft sowie europäische Integration und makroökonomische Koordinierung. Sie ist Mitglied im österreichischen Fiskalrat und im Finanzmarktstabilitätsgremium. Weitere aktuelle Themen ihrer Forschung umfassen die Bedeutung der finanziellen Allgemeinbildung und Pluralität in der Ökonomie. Im Rahmen ihrer Tätigkeit an der FH des BFI Wien leitet sie das Forschungsprojekt "Leistbares Wohnen als Voraussetzung für smartes und nachhaltiges Wirtschaften in der Stadt Wien" (gefördert durch die MA 23 Stadt Wien).
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei der Autorin.