Mit Online-Sticken und digitalen Noten durch die Pandemie
Die Coronapandemie nahmen Soziologen von der Universität Linz zum Anlass, in einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt zu erforschen, mit welchen digitalen Tools sich Menschen am Land halfen, als persönliche Treffen eingeschränkt waren. Die Ergebnisse überraschten: Blasmusikkapellen digitalisierten ihre Notenblätter und Vereine gründeten Online-Stickkurse von Goldhauben-Gruppen. Dabei zeigten sich die Menschen auch mit 80 als digital versiert.
Wie sehr wir auf digitale Technologien angewiesen sind, hat nicht zuletzt die Coronapandemie gezeigt. Besonders in ländlichen Regionen kann es schwierig sein in der Abgeschiedenheit, insbesondere in Zeiten, in denen soziale Kontakte extrem eingeschränkt sind. Umso wichtiger sei es, schreibt Uli Meyer vom Institut für Soziologie der Uni Linz in einer Aussendung des FWF, dass Digitalisierung "breiter gedacht" wird - abseits der Städte.
Von digitalen Notenblättern bis zu Online-Stickrunden
Die Menge an kreativen digitalen Lösungen, die sich die befragten Vereine einfallen ließen, überraschte das wissenschaftliche Team: Sportvereine schauten via Zoom-Meetings gemeinsam Fußballspiele an oder organisierten Trainings-Challenges online. Blasmusikkapellen digitalisierten ihre Notenblätter, eine Jugendgruppe hatte eine Schnitzeljagd-App für die Firmvorbereitung umfunktioniert.
Dass jede Altersgruppe mit digitalen Lösungen umgehen kann, bewiesen zum Beispiel die Goldhauben-Gruppen, die eine oberösterreichische Tradition hochhalten und als handwerkliches Netzwerk von Frauen begonnen hat. "Viele Mitglieder sind auch noch mit 80 Jahren aktiv dabei", erklärt Michaela Griesbeck. Gemeinsam fertigen und reparieren sie die goldenen Kopfbedeckungen, die Teil der Trachtenkultur sind. "Während der Pandemie organisierten die Goldhauben zum Beispiel Online-Stickrunden und alle Frauen kamen mit den digitalen Lösungen klar", so Griesbeck.
Manches, aber nicht alles kann ersetzt werden
Die häufige Annahme, dass es vielen Menschen und insbesondere Älteren an technischer Kompetenz fehle, erwies sich laut Wissenschaftern als falsch. Doch nicht alles, wie zum Beispiel geselliges Beisammensein, könne ersetzt werden. Nur wenige digitale Lösungen würden auch nach der Pandemie noch genutzt werden. "Viele Tools gingen schlicht am Bedarf der Menschen vorbei", betont Uli Meyer. Keine Online-Lösung könne zum Beispiel ein persönliches Gespräch mit dem Pfarrer ersetzen. Was jedoch weiterhin genutzt wird, seien Tools mit administrativen Aufgaben, wie das Bereitstellen von Noten oder die Mitgliederverwaltung.
Im Gegenteil dazu haben Schuldner- oder Gewaltberatungen, die von Organisationen wie der Caritas in der Pandemie auf Onlineberatung umgestellt worden waren, sehr gute Erfahrungen gemacht zu haben. "Das ist gut angekommen und wird auch bleiben, weil in der Sozialberatung der Faktor Anonymität wichtig ist", betont Griesbeck. "Jetzt können sie sich anonym von zu Hause aus Unterstützung holen."
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