Vom Weltraum in die Allergiewelt: Ein interaktives Abenteuer
Ein Tintenfisch im All und eine Raumstation in Guglhupfform - was das mit Allergien zu tun hat, erklärt Ines Swoboda in ihrem interaktiven Kinderbuch "Von Sternen und Erdnüssen". Die Allergologin hat es gemeinsam mit Schüler:innen, Studierenden und Expert:innen konzipiert, produziert und verbreitet.
In „Von Sternen und Erdnüssen“ dreht sich alles um Lebensmittelallergien, die Kinder öfter als Erwachsene betreffen. Insgesamt sind allergische Reaktionen auf Nahrungsmittel nicht nur die häufigste, sondern auch die gefährlichste Form einer Unverträglichkeit, da sie einen lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auslösen können. „Wir beobachten eine Zunahme von Allergien bei Kindern“, sagt Ines Swoboda. Sie leitet das Forschungszentrum „Molecular Biotechnology“ an der Hochschule Campus Wien. Es war ihr daher ein Anliegen, Kindern ein so komplexes Thema wie Allergien näherzubringen.
Die Vorlage und Idee für das Buch liefert das vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Forschungsprojekt „Immunantwort auf Fleischallergene“, bei dem Swoboda als Projektleiterin fungiert. In dem Projekt konnten erstmals Allergene aus weißem und rotem Fleisch identifiziert, mit gentechnischen Methoden neu zusammengesetzt und charakterisiert werden. Darüber hinaus hat das Team um Swoboda im Projekt die Kreuzreaktivität zwischen Fleischallergenen und Allergenen aus anderen tierischen Nahrungsmitteln, wie zum Beispiel Fisch oder essbaren Insekten, analysiert.
Zusätzlich forscht die Arbeitsgruppe auch im Bereich respiratorischer Allergien. Sie untersucht, welche Rolle Zellen der Atemwege – die als Erste mit Allergenen in Kontakt treten – bei der allergischen Immunantwort spielen. Ein weiteres Projekt befasst sich mit Pollen der Brennnessel oder der Olive; hierbei sollen Allergene identifiziert werden, um bessere Diagnostika entwickeln zu können.
Mehrere Kooperationspartner:innen wirkten mit
„Von Sternen und Erdnüssen“ handelt von Gerhard, dem Oktopus, der auf der Reise zur Raumstation Guglhupf auf den Verzehr eines von seiner Astronautenfreundin Ebi gebackenen Kuchens mit Ausschlägen und Atemnot reagiert. Doktorin Hase und Krankenschwester Bärwin von der Krankenstation erkennen die Symptome als Erdnussallergie und behandeln sie erfolgreich. Das digitale Buch, das mittlerweile aufgrund der großen Nachfrage auch in gedruckter Form erhältlich ist, enthält interaktive Elemente, die Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren zum Mitlesen, Vorlesen oder Zuhören einladen.
Von Beginn an war ein transdisziplinäres Team an dem Projekt für Wissenschaftskommunikation beteiligt: Vertreter:innen von Open Science, einem Verein in Wien, der den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit fördert, der Softwarefirma Vienom und des Instituts für Jugendliteratur.
Der Auftakt des Vermittlungsprojekts – mit dem der FWF Wissenschaftler:innen dabei unterstützt, kommende Generationen für Forschung zu begeistern – erfolgte mit einem dreiteiligen Workshop für Kinder von sechs bis zehn Jahren in einer Schule im 15. Bezirk in Wien. „Zuerst durften die Kinder pipettieren“, erzählt Ines Swoboda, „Das war wohl der aufregendste Teil für sie. Dann sprachen wir mit den Kindern über Allergien, um herauszufinden, was sie bereits darüber wussten.
Es war erstaunlich, wie vertraut sie mit dem Thema waren – fast alle kannten jemanden mit Allergien oder waren selbst betroffen“, stellte die Wissenschaftlerin fest. Am Ende des Workshops konnten die Schüler:innen mithilfe eines Fragebogens über Abbildungsstile und Schriftarten für das Buchprojekt mitentscheiden. Dadurch erhielt das Projektteam eine Vorstellung davon, wie das Buch später aussehen sollte.
Nach der Zusammenarbeit mit den Schüler:innen übernahm eine Gruppe Studierender der Life Sciences und Medizin die Ausarbeitung des Kinderbuchs: Handlung, Schreiben und Illustration standen im Mittelpunkt der Arbeitsgruppen, um die Idee mit professioneller Unterstützung der Kooperationspartner:innen zu gestalten und fertigzustellen. Leser:innen ab sechs Jahren erfahren so spielerisch den richtigen Umgang mit Nahrungsmittelallergien. Am Ende der Geschichte können die Kinder in einem Quiz ihr erworbenes Wissen testen.
Auch eine gedruckte Version entstand
"Zur Bewerbung des Buches haben wir uns schließlich an mehrere Medien gewandt. Alle wollten ein Exemplar von uns haben", wundert sich die Forscherin. "Das war der Anlass, auch eine gedruckte Version herauszubringen." Diese wurde österreichweit an Schulen und Bibliotheken verteilt. Im November 2025 wird das Kinderbuch bei der Buch Wien vorgestellt: Geplant sind ein Workshop, eine Diskussion zum Thema Allergien und ein "Hands-on"-Teil, bei dem ein Skin-Prick-Test nachgespielt wird.
Für die Allergieforscherin war es wichtig, ein Buch zu schaffen, das ihre Forschung für alle zugänglich macht und betroffene Kinder über Allergien aufklärt. Das zeigt sie auf dem Bildschirm ihres Büros im 10. Wiener Gemeindebezirk, wo Oktopus Gerhard gerade einen Ausschlag bekommt und um Luft ringt und bald darauf von seiner Freundin zur Krankenstation gebracht wird.
Wie kam es zu dieser Begeisterung für Wissenschaftskommunikation? "Mein Enthusiasmus stammt aus der Zusammenarbeit mit Open Science", erzählt Swoboda. Gemeinsam mit dem Verein hat die Forscherin schon vor längerer Zeit eine Mitmachstation entwickelt. Später entstand die interaktive Wanderausstellung "Wechselwirkung/Wirkungswechsel", die mehrere Jahre erfolgreich durch Österreich tourte.
Zur Person
Ines Swoboda studierte Genetik an der Universität Wien, absolvierte einen Forschungsaufenthalt an der University of Melbourne, Australien, und war mehr als zehn Jahre lang an der Medizinischen Universität Wien tätig. Seit September 2011 ist die Wissenschaftlerin als Gruppenleiterin an der Hochschule Campus Wien im Bereich Biotechnologie tätig und leitet dort eine eigene Forschungsgruppe sowie das Kompetenzzentrum für Molecular Biotechnology. Mit ihrem Team untersucht Swoboda Mechanismen von Nahrungsmittelallergien tierischen Ursprungs sowie allergische Reaktionen des Atmungsapparates. Das Projekt für Wissenschaftskommunikation „INDIKINA – ein interaktives, digitales Kinderbuch“ (2023–2026) wird vom Wissenschaftsfonds FWF mit 100.000 Euro gefördert.
Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF Ingrid Ladner, Redaktion scilog Telefon: +43 676 83487 8117 E-Mail: ingrid.ladner@fwf.ac.at Website: https://scilog.fwf.ac.at
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