Superkondensatoren genau beleuchtet Synchrotronstrahlung ermöglicht Einblick in das Innere moderner Energiespeicher
Forschende der Montanuniversität Leoben haben mithilfe von Synchrotronstrahlung eine zentrale Wechselwirkung in Superkondensatoren aufgedeckt und deren Einfluss auf den Transport der Ladungsträger im Betrieb präzise beschrieben - eine Erkenntnis, die den Weg zu leistungsfähigeren Energiespeichern ebnet und sogar zur Entfernung von Ewigkeitschemikalien aus Wasser beitragen könnte. Das verwendete Elektrodenmaterial bestand dabei aus der Materialklasse der metallorganischen Gerüstverbindungen (MOF's), für deren Entwicklung im heurigen Jahr sogar der Chemienobelpreis vergeben wurde. Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
Energiespeicher der Zukunft im Detail verstehen
Die Energiewende braucht Speichertechnologien, die schnell, effizient, nachhaltig und langlebig sind. Superkondensatoren erfüllen viele dieser Anforderungen: Sie laden in Sekunden, überstehen Millionen von Ladezyklen und kommen ganz ohne knappe Rohstoffe aus. Ihr Innenleben ist jedoch ein komplexes Puzzle, das bislang nur teilweise verstanden wird. Nun hat Forschung aus Leoben dieses Puzzle um ein wichtiges Stück ergänzt.
Die Arbeit entstand im Rahmen der Dissertation von Erstautorin Malina Seyffertitz am Lehrstuhl für Physik an der Montanuniversität Leoben in Kooperation mit der renommierten Cambridge University in England. "Wir wollten verstehen, was im Inneren eines Superkondensators während des Ladens- und Entladens im Detail passiert und wie sich die Ionen als Ladungsträger in den Nanometer kleinen Poren der Elektroden verhalten", erklärt der Betreuer Univ.-Prof. Oskar Paris.
Klarer Blick durch Synchrotronstrahlung und Modellmaterial
Um die Bewegungen der Ionen in den Elektroden "operando" (also in Echtzeit) zu untersuchen, nutzte das Team höchst-brilliante Röntgenstrahlung an gleich drei europäischen Großforschungsanlagen in Triest, Grenoble und Hamburg. Die in Leoben entwickelte und mittlerweile etablierte experimentelle Plattform lässt sich künftig auch auf andere elektrochemische Systeme übertragen.
Als Modellmaterial für die Elektroden kam das heurige "Chemienobelpreis-Material", nämlich metallorganische Gerüstverbindungen (MOFs) zum Einsatz, die von den Kooperationspartnern in Cambridge synthetisiert wurden. Die hochgeordnete Struktur der MOFs erleichtert die Auswertung und Interpretation der Daten und erlaubt direkte Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden Mechanismen der komplexen Energiespeicherung.
Zentrale Entdeckung: Fest gebundene Anionen
Mit der Kombination aus maßgeschneidertem Material und modernster Messtechnik konnte der Lade- und Entladevorgang auf atomarer Ebene in Echtzeit verfolgt werden. Die Messungen zeigen: Fluorhaltige Anionen binden sich fest an stickstoffhaltige Gruppen innerhalb der winzigen MOF-Poren. Diese "verankerten" Teilchen bleiben selbst bei wechselnder Spannung unbeweglich und überlassen so den verbleibenden mobilen Kationen den gesamten Ladungsausgleich. Damit lässt sich erstmals auch direkt erklären, warum diese Systeme häufig Kationen-dominiert arbeiten und wie sich der Ladungsmechanismus gezielt beeinflussen lässt.
Vom Modellmaterial zur Anwendung
Dieses tiefere Verständnis der Ionenbewegung liefert eine wertvolle Grundlage, um Superkondensatoren gezielter zu entwickeln. Das Leobener Team arbeitet bereits daran, die beobachteten Mechanismen auf nachhaltige und kostengünstigere Kohlenstoffmaterialien zu übertragen.
Darüber hinaus könnten die gefundenen spezifischen Wechselwirkungen neue Perspektiven für Umweltanwendungen eröffnen, etwa beim gezielten Entfernen langlebiger Schadstoffe wie PFAS ("Ewigkeitschemikalien") aus Wasser.
Die interdisziplinäre Studie entstand in Zusammenarbeit des Lehrstuhls für Physik mit dem Department Materialwissenschaft an der Montanuniversität, sowie der University of Cambridge und der TU Graz. Die Daten wurden an den Synchrotronstrahlungsquellen ELETTRA in Triest, ESRF in Grenoble und PETRA III in Hamburg gemessen. Die Arbeit wurde in Nature Communications veröffentlicht und ist online abrufbar unter: https://doi.org/10.1038/s41467-025-63772-w
Kontakt: Univ.-Prof. Dr. Oskar Paris Lehrstuhl für Physik Montanuniversität Leoben E-Mail: oskar.paris@unileoben.ac.at
Sabrina Baumgartner BA. MA. Marketing and Communication Franz-Josef-Straße 18, A-8700 Leoben Tel. +43 3842 402 7220, +43 664 80 898 7220 E-Mail: sabrina.baumgartner@unileoben.ac.at www.unileoben.ac.at
Das könnte Sie auch interessieren
Partnermeldung
Expertisezentrum für seltene Nierenerkrankungen an der Innsbrucker Universitätsklinik für Nephrologie eingerichtet
News
Schweizer Forscher entwickeln Hornhaut-Implantat aus 3D-Drucker
News