Stadtgrün statt Parkplatz
Eine Studie der BOKU Wien zeigt: Die Mehrheit der Stadtbevölkerung unterstützt mehr Grünflächen – selbst wenn dafür Parkplätze weichen müssen oder der Weg zur Wohnung länger wird. Entscheidend sind höhere Umweltleistungen wie bessere Luft und kühlere Temperaturen.
Die positiven Effekte von Stadtgrün sind gut belegt. Herausforderungen entstehen jedoch bei der Umsetzung – insbesondere bei der Suche nach geeigneten Flächen. Immer häufiger wird daher die Umnutzung von Parkplätzen und Straßen als potenzielle Grünräume diskutiert. Während die ökologischen Vorteile gut erforscht sind, besteht ein klares Defizit bei den sozialen Aspekten: Wie können innovative Lösungen entwickelt werden, die den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht werden – und wie gelingt es, die Menschen aktiv in diesen Wandel einzubinden?
Eine Studie der BOKU University untersucht, wie hoch die Zahlungsbereitschaft von österreichischen Stadtbewohner*innen für neue Grünflächen ist - und ob sie bereit wären, dafür auch längere Wege zur Wohnung in Kauf zu nehmen. Befragt wurden 1.055 Personen über 18 aus Städten mit über 20.000 Einwohner*innen aus ganz Österreich. Mithilfe eines sogenannten Choice-Experiments, das reale Entscheidungssituationen simuliert, wurden dabei auch Umweltaspekte berücksichtigt: etwa die erwartete Wirkung des neuen Grüns auf Temperatur, Feinstaub und NO2-Belastung und die Möglichkeit bei der Planung mitzuwirken.
Ergebnis: Die Mehrheit (65%?) würde bis zu 45 Euro jährlich als Kommunalabgabe leisten, wenn neues Stadtgrün in ihrer Umgebung spürbar zur Verbesserung von Luftqualität und Temperatur beiträgt – selbst bei längeren Wegen zur Wohnung von bis zu 10 Minuten. „Dieses Beispiel verdeutlicht, dass die Mitwirkungsbereitschaft in der österreichischen Bevölkerung bislang in vielen stadtplanerischen Modellen unterschätzt wird“, betont Ulrike Pröbstl-Haider vom Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung an der BOKU. „Während die Politik oft vor Umnutzung zurückschreckt, ist die Stadtbevölkerung beim Thema Grünflächen und Klimawandelanpassung längst weiter.“
Pröbstl-Haider identifizierte gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin Magdalena Feilhammer darüber hinaus vier Typen von Stadtbewohner*innen mit teils sehr unterschiedlichen Einstellungen:
· Umweltsensible: besonders am Stadtgrün interessiert, hoher Anteil an Eigenheim, würde bei Umweltleistungen wie einer starken Temperaturabsenkung mehr als andere Befragte bezahlen.
· Gestaltungssensible: interessiert an schöner Gestaltung und Gemeinschaftsgärten, leben in verdichteter Wohnlage, umweltbewusst, hoher Frauenanteil mit Kindern, wenig kostensensibel.
· Kostensensible: geringstes Interesse an neuen Grünstrukturen, wenig klimawandelsensibel, ältere Personengruppe, geringe Zahlungsbereitschaft.
· Erreichbarkeitssensible: Wunsch nach mehr Grün ist da – aber Erreichbarkeit mit dem PKW von großer Bedeutung, klimasensibel, hohe Zahlungsbereitschaft.
Klarer Favorit bei der Gestaltung: Begrünte Straßenräume, gefolgt von Grünzügen und Regenrückhalteflächen. Wenig Zuspruch fanden hingegen Gemeinschaftsgärten – mit Ausnahme bei Klasse 2, insbesondere Frauen bevorzugten ebenfalls diese Alternative.
Nähere Infos: https://youtu.be/IDXyud3wuL4
Überraschend: Biodiversitätsförderung und Partizipation hatten entgegen der Erwartungen kaum Einfluss auf die Entscheidung.
Erkenntnis: Die Stadtbevölkerung ist dem Umbau zum Grünen oft schon einen Schritt voraus – jetzt ist mutige Stadtplanung gefragt.
City Green - Klimawandelanpassung durch Erhöhung des Stadtgrüns ist der Endbericht von StartClim2022.G in StartClim2022: Schlüsselmaßnahmen, Messbarkeit und Notfallszenarien. Auftraggeber: BMK, BMWFW, Klima- und Energiefonds, Land Oberösterreich.
Weitere Informationen und Grafiken zur Studie Green City – und über 30 weitere Projekte von BOKU-Forscher*innen über vorbeugende Hitzemaßnahmen finden Sie auf unserer Website „Heat an the City https://boku.ac.at/oeffentlichkeitsarbeit/hitze-in-der-stadt.
Wissenschaftlicher Kontakt: Univ.Prof. Dr. Ulrike Pröbstl-Haider Projektteam: Dr. Alice Wanner M.A., Magdalena Feilhammer M.Sc., Meike Jungnickel M.Sc. BOKU University Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung Email: ulrike.proebstl@boku.ac.at Telefon: +43 1 47654-85317
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