APA-Faktencheck: Studie zu CO2 und Klima fehlinterpretiert
Der Klimawandel und wie groß der Anteil der Menschheit daran ist, sorgt seit Jahren für heftige Diskussionen. In dem Artikel einer reichweitenstarken Plattform (1) wird aktuell behauptet, der menschliche Einfluss sei nicht messbar und die isotopische Signatur des atmosphärischen Kohlendioxids (CO2) seit 40 Jahren unverändert. Als vermeintlicher Beweis dafür wird eine wissenschaftliche Studie herangezogen.
Einschätzung
Der Artikel gibt die Inhalte der Studie teilweise unzutreffend wieder und überschreitet deren wissenschaftlichen Rahmen. Es werden Schlussfolgerungen über den Einfluss des Menschen und den Klimawandel gezogen, obwohl die Studienergebnisse dafür keine Grundlage bieten. Mehr noch, der Studienautor Demetris Koutsoyiannis selbst weist in seinem Paper darauf hin, dass aufgrund seiner spezifischen Untersuchungsmethode Aussagen über den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel nur schwer möglich sind und außerhalb des wissenschaftlichen Rahmens seiner Studie liegen.
Überprüfung
Die Studie der Technischen Universität Athen (2), auf die sich der Artikel bezieht, stellt unmissverständlich fest, dass die menschengemachten Emissionen seit der Industriellen Revolution zunehmen und das Kohlenstoffisotop Delta-C-13 in der Atmosphäre zurückgegangen (3). Der Delta-C-13-Wert zeigt, wie sich der Kohlenstoffkreislauf, zB. CO2 in der Atmosphäre, verändert hat.
Studie untersucht nicht den Einfluss des Menschen auf Treibhauseffekt
Die Interpretation, der menschliche Einfluss sei "nicht messbar", ist irreführend. Der Autor schreibt in seiner Conclusio (4) lediglich, dass menschliche CO2-Emissionen in seinen Beobachtungsdaten "kaum erkennbar" seien. Diese Aussage bezieht sich jedoch ausschließlich auf die im Paper verwendeten und untersuchten isotopenbasierten Datensätze (δ13C) und die zugrunde liegende Modellmethode, nicht auf den Klimawandel oder die physikalische Wirkung von Treibhausgasen insgesamt.
Eine Studie kann nur Schlussfolgerungen zu Aspekten ziehen, die sie selbst untersucht hat. Die Arbeit des griechischen Forschers analysiert ausschließlich die Schwankungen des Isotopenverhältnisses δ13C in den letzten Jahrzehnten und beschreibt dabei einen relativ stabilen Verlauf. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass menschliche Emissionen insgesamt keine Rolle spielen. Koutsoyiannis betont vielmehr, dass der menschliche Einfluss in seinen spezifischen Isotopendaten schwer erkennbar ist - nicht, dass er nicht existiert.
Der entscheidende Punkt: Die Studie zeigt eine methodische Grenze, keine Widerlegung des physikalisch belegten Zusammenhangs zwischen CO2 und Erwärmung. Fragen zur Rolle menschlicher Emissionen im Treibhauseffekt liegen zudem außerhalb ihres wissenschaftlichen Rahmens und werden darin ausdrücklich nicht behandelt, wie der Autor betont (4).
Auch die vom Artikel aufgestellte Behauptung, es gebe "keine Spur fossiler Brennstoffe" in unserer Atmosphäre, ist durch die Studie nicht gestützt. Sie konzentriert sich nämlich ausschließlich auf die isotopische Analyse von atmosphärischem Kohlenstoff - und nicht auf den Einfluss von CO2-Emissionen auf den Klimawandel.
Veränderungen der isotopischen CO2-Signatur
Wie der Autor selbst anmerkt (5), wird im Paper das Kohlenstoffisotop C-14 (Radiokohlenstoff) nicht berücksichtigt. Doch gerade dieses Isotop spielt eine zentrale Rolle und liefert wichtige Belege für den fossilen Ursprung des zusätzlich in der Atmosphäre vorhandenen CO2. Fossile Brennstoffe enthalten kein C-14 mehr (6), da dieses instabile Isotop im Laufe von Jahrtausenden zerfällt. Die Freisetzung von CO2 durch die Verbrennung fossiler Kohlenstoffe führt daher zu einer messbaren Abnahme des atmosphärischen C-14-Anteils - ein direkter Nachweis des menschengemachten Beitrags zur Erhöhung der CO2-Konzentration (7).
Auch der Paläoklimatologe Arno Kleber von der Technischen Universität Dresden weist in einem wissenschaftlichen Kommentar zu dem griechischen Paper (8) darauf hin, dass Studienautor Koutsoyiannis mit C-14 eines der drei wesentlichen Kohlenstoffisotope vernachlässige. Und das, obwohl gerade C-14 bereits vor den Messungen auf dem hawaiianischen Vulkan Mauna Loa (9) als erster Indikator für die Anreicherung von Kohlenstoff aus fossilen Quellen galt.
Anteil von Wasserdampf am Treibhauseffekt
Auch die im Artikel aufgestellte Behauptung, der Treibhauseffekt werde zu über 90 Prozent vom Wasserdampf bestimmt, wird durch das Paper nicht gestützt. Der Autor stellt lediglich den wissenschaftlichen Konsens fest, dass Wasserdampf den größten Einzelanteil am natürlichen Treibhauseffekt hat (10). Er macht jedoch keine quantitative Angabe.
Nach Angaben des deutschen Umweltbundesamtes liegt der Anteil des Wasserdampfs am natürlichen Treibhauseffekt bei etwa 66 Prozent (11). Wasserdampf ist ein starkes, aber kurzlebiges Treibhausgas, dessen Konzentration primär von Temperatur und Verdunstung abhängt. Er hält sich nur wenige Tage in der Atmosphäre, während CO2 über ein Jahrhundert verbleibt. Ein Anstieg erfolgt indirekt durch CO2-bedingte Erwärmung, die Verdunstung und eine verstärkende Rückkopplung fördert. Dieser wichtige Kontext fehlt im Artikel gänzlich.
Historische Klimavergleiche
Der Text zieht historische Vergleiche zur Minoischen Warmzeit (ca. 1700-1000 v. Chr.) und zum Mittelalterlichen Klimaoptimum (ca. 900-1350 n. Chr.) heran, um den menschlichen Einfluss als gering darzustellen. Dies sind jedoch lediglich Interpretationen, die sich nicht durch das Originalpaper stützen lassen. Dessen Autor und Titel weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Studie nur den Zeitraum seit dem Ende der Kleinen Eiszeit vor etwa 500 Jahren betrachtet und nicht auf frühere Zeiträume übertragbar ist (12).
Wie Klimawandelleugnung arbeitet
Falschdarstellungen und -interpretationen wissenschaftlicher Studien sind ein typisches Muster in der Leugnung des Klimawandels bzw. Des menschlichen Einflusses auf diesen. Einzelne Ergebnisse oder ganze Arbeiten werden gezielt aus dem Zusammenhang gerissen oder fehlinterpretiert, um Zweifel am wissenschaftlichen Konsens zu erzeugen.
Der Weltklimarat (IPCC) und zahlreiche unabhängige Messreihen belegen jedoch eindeutig: Der Anstieg des atmosphärischen CO2 ist menschengemacht, und die daraus resultierende Erwärmung lässt sich physikalisch erklären und messen (13). Auch in diesem Fall wird ein einzelner, unvollständiger Aspekt - die relative Stabilität der Isotopensignatur δ13C über einige Jahrzehnte - fälschlicherweise als Beleg gegen die konsensualen Ergebnisse der gesamten Klimaforschung dargestellt.
Quellen:
(1) Artikel auf "report24": https://go.apa.at/lG8FY5ay (archiviert: https://go.apa.at/UoKQ4Dks )
(2) Gesamte Studie der Technischen Universität Athen: https://go.apa.at/03h4MWST (archiviert: https://archive.ph/PwTli)
(3) Aussage in Studie zu Anstieg menschengemachter Emissionen: https://go.apa.at/YqMLDc9a
(4) Conclusio der Studie: https://go.apa.at/y3uSzMSi
(5) Aussage in Studie zu C-14: https://go.apa.at/aAjvDIG4
(6) Global Monitoring Laboratory zu C-14: https://go.apa.at/5ScspxGU (archiviert: https://go.apa.at/8fUdPlMm )
(7) bpd zu Klimawandel: https://go.apa.at/kFoWhO2N (archiviert: https://go.apa.at/gOaLyFK3)
(8) Wissenschaftliches Kommentar zu Studie: (archiviert: https://go.apa.at/ub2Qnswi)
(9) Informationen zu Messstation am Vulkan Mauna Loa: https://go.apa.at/PulGMoq9 (archiviert: https://go.apa.at/1xb376hF)
(10) Aussage in Studie zu Wasserdamp: https://go.apa.at/qmctX8cc
(11) Deutsches Umweltbundesamt: https://go.apa.at/deFFyszk (archiviert: https://go.apa.at/eE6oM92n)
(12) Aussage zu Zeitraum der Studie: https://go.apa.at/IN3Yiazs
(13) Klimafakten: https://go.apa.at/ZrURfkED (archiviert: https://go.apa.at/JcOadgCs)
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