Neuer europäischer Wettersatellit blickt in Kinderstube von Unwettern
In der kommenden Woche soll ein Vertreter von Europas neuer Wettersatelliten-Flotte vom Kennedy Space Center in Florida (USA) in seine Umlaufbahn gehoben werden. Neben komplett neuen Daten, etwa zur Entstehung von Gewitterzellen, hat die Sonde mit Sentinel-4 auch einen Teil von Europas Erdbeobachtungsprogramm "Copernicus" mit an Bord. Gemeinsam verheißt das mehr Wissen über Luftverschmutzung und raschere Informationen zu Extremwetterereignissen, so Experten vor Journalisten.
Geplant ist der Start des Vertreters der dritten Generation der europäischen Wettersatelliten namens "Meteosat Third Generation sounding satellite" (MTG-S1) am Dienstag (1. Juli). Aktuell stecke man mitten in den Startvorbereitungen, hieß es am Dienstagnachmittag im Rahmen des "Living Planet Symposium" der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) in Wien (bis 27. Juni) seitens MTG-Programmmanager Alexander Schmid von der europäischen meteorologischen Satellitenagentur (EUMETSAT).
Geosphere Austria erhofft sich viele Vorteile durch System
Europa ist einer der sich am schnellsten erwärmenden Kontinente, wie diverse Klimaberichte ausweisen. Damit nehmen auch die Auftrittswahrscheinlichkeiten von Extremwettereignissen merkbar zu. Der vergangene September war etwa in Österreich der nasseste, der je gemessen wurde - verheerende Hochwasser inkludiert, erklärte Schmid. Das passe sozusagen in das Gesamtbild.
Die neuen Messungen von MTG-S1 im Infrarotbereich sollen auch Wetter- und Klimadiensten, wie der Geosphere Austria, neue Informationen über Feuchtigkeit und Temperatur in den verschiedenen Bereichen der Atmosphäre liefern. Die Vermessung der Abläufe über Europa wird künftig alle 30 Minuten - und damit viel öfter als bisher - erfolgen, erklärte auch Andreas Schaffhauser, Generaldirektor von Geosphere Austria. Das wird möglich, weil die Sonde auf einer geostationären Umlaufbahn unterwegs ist. Das Wettergeschehen auf der gesamten Erde wird das neue System immerhin in etwa alle vier Stunden abbilden können.
Schneller erkennen, wo sich Unwetter zusammenbrauen
Für die nationalen Dienste sei die dritte Wettersatellitengeneration "von immens hoher Bedeutung". Gerade für ein gebirgiges Land wie Österreich stecke in den neuen Daten enormes Potenzial zur Verbesserung der regionalen, kleinräumigen Vorhersagen und letztlich zum Katastrophenschutz.
Aus den Daten ließen sich auch Informationen über Winde herauslesen - und Zonen identifizieren, die sich in Richtung Gewitterzelle entwickeln. Man erkenne also voraussichtlich Unwetter, bevor sie entstehen, betonten Experten. So werde klarer, wo man in der Folge genauer hinsehen muss. Das bedeute Zeitgewinn für Warnungen, was in der alpinen Topografie, wo klimawandelbedingt Hochwasser, Sturzfluten, Muren, Hangrutschungen, Lawinen und Co tendenziell häufiger werden, ein "großer Gewinn" sein könne, so Schaffhauser.
"Weltweit fortschrittlichster geostationärer Wettersatellit"
In Kombination mit den zukünftig stündlich aktualisierten "Sentinel-4"-Informationen zum Umweltmonitoring lasse sich etwa die Verteilung von Saharastaub über dem gesamten Kontinent besser modellieren. Ben Veihelmann, Sentinel-4 Missionswissenschafter der ESA, erklärte, dass das Instrument die Luftverschmutzung über Europa künftig stündlich vermessen wird. Man erhalte allerlei Informationen über Spurengase, Schwebestoffe oder Feinstaub. Die Daten seien also insgesamt und in Kombination auch ein großer Fortschritt für die Wissenschaft, betonte auch der Geosphere Austria-Chef.
Man habe es hier mit dem "weltweit fortschrittlichsten geostationären Wettersatelliten" und einem "bedeutsamen Beispiel für europäische Zusammenarbeit" zu tun, sagte ESA-Wissenschafter Tobias Guggenmoser. Mit an Bord im weitverzweigten Konsortium der Mission ist auch Beyond Gravity Austria. Das Unternehmen "baute eine Reihe von verschiedenen Elektronikeinheiten und Mechanismen" für MTG-S1, wie etwa die Hightech-Kameraabdeckung für das zentrale Instrument. In der Folge wird Beyond Gravity Austria u.a. den Thermalschutz für "alle insgesamt sechs Satelliten der neuen Serie" liefern, teilte das Unternehmen mit.
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