Wissenschafter fordert "Abfallwirtschaft für CO2"
Zur Erreichung des Ziels der Netto-Null-CO2-Emissionen seien dringend Carbon-Management-Strategien notwendig, erklärte der Verfahrens- und Energietechniker Tobias Pröll von der Universität für Bodenkultur (Boku) in einer Presseaussendung. "Wir müssen erkennen, dass CO2 kein wertvoller Rohstoff, sondern ein Problemstoff mit negativem Wert ist", meint er und plädiert für Methoden, die CO2 aus dem Kreislauf holen und den Austritt von schwer vermeidbaren CO2 in die Atmosphäre verhindern.
Derzeit kostet eine Tonne CO2 im europäischen Emissionshandelssystem etwa minus 90 Euro, so Pröll. "In Österreich benötigen wir daher dringend eine Abfallwirtschaft für CO2, ähnlich wie bei anderen Problemstoffen." CO2 werde oft als der Rohstoff der Zukunft dargestellt. "Doch dabei wird der Energieaspekt übersehen. Denn wenn ich aus CO2 etwas herstellen möchte, so muss ich die Verbrennungsreaktion, bei der das CO2 meist entsteht, wieder umkehren. Das benötigt dann dieselbe Energie, die zuvor freigesetzt wurde. Dieses Prinzip führt sich jedoch ad absurdum, wenn ich in einer Welt lebe, die sich zu 80 Prozent fossil mit Energie versorgt", sagte Pröll.
Weiter betont er, dass die CCS-Strategie (Carbon Capture and Storage) nicht als Rechtfertigung für die Nutzung fossiler Energieträger gesehen werden dürfe, sondern als Ergänzung zum Umstieg auf erneuerbare Energien. CCS sollte nur für Bereiche angewendet werden, wo eine Vermeidung der CO2-Entstehung nicht sinnvoll umsetzbar ist, wie etwa bei der Zementherstellung.
In allen anderen Bereichen müsse die Entstehung von CO2 vermieden werden, speziell im Bereich der Energiebereitstellung. "Wir müssen aufhören, fossile Energie zu verwenden. Weltweit werden immer noch 80 Prozent der Energie aus fossilen Quellen bereitgestellt - in Österreich sind es rund 65 Prozent. Dem entgegenwirken kann nur der forcierte Ausbau der erneuerbaren Energiesysteme", betonte der Boku-Experte.
Auch wenn es Österreich gelinge, die CO2-Produktion zu verringern, gebe es immer noch Bedenken hinsichtlich des Imports vieler "fossilintensiver" Produkte aus Regionen, wo viel Fossile genutzt werden. "Es ist für das Klima von Bedeutung, das Gesamtbild zu betrachten und nicht ausschließlich innerhalb der Landesgrenzen zu handeln. Die Verlagerung von CO2-intensiven Prozessen aus Europa in andere Länder ist ebenfalls keine Lösung", so Pröll.