Steinzeitliche Atlantik-Anrainer nutzten Walknochen erstaunlich früh
Bereits vor rund 20.000 Jahren nutzten die Jäger- und Sammlergesellschaften am Golf von Biskaya nachweislich Werkzeuge aus Walknochen, wie ein Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Wien im Fachblatt "Nature Communications" berichtet. Die Analysen offenbaren auch Einblicke in die einstige Meeressäuger-Vielfalt in diesem Teil des Atlantiks. Grauwale lebten offenbar damals auch weiter im Süden als heute.
Der Gruppe um Krista McGrath von der Universitat Autònoma Barcelona (Spanien) und Jean-Marc Pétillon von der Universität Toulouse (Frankreich) gehörte auch Laura Van der Sluis vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Uni Wien an. Die Basis der Untersuchung bilden 83 Werkzeuge aus Knochen aus verschiedenen Fundstätten rund um die Biskaya-Küsten Westfrankreichs und Nordspaniens sowie 90 zusätzliche Knochen, die in der Höhle Santa Catalina im spanischen Baskenland geborgen wurden. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter datierten diese nun und analysierten Spuren verschiedener stabiler Isotope in den Materialien. Letzteres erlaubt zum Beispiel Rückschlüsse auf die Ernährung von Mensch und Tier.
Einblicke in einstige Walarten-Vielfalt
Von den 83 untersuchten Knochenwerkzeugen stammen laut den neuen Untersuchungen immerhin 71 von großen Walen. Unter den rund 90 unbearbeiteten Funden aus der nordspanischen Höhle konnten 60 zweifelsfrei dieser Tiergruppe zugeordnet werden, schreiben die Forschenden in ihrer Studie. Die ältesten Walfragmente stammen demnach aus einer Zeit vor 20.000 Jahren.
Aufgrund der Untersuchungen könne man davon ausgehen, dass zumindest sechs große Walarten damals in der Region vorkamen: Pottwal, Finnwal, Blauwale, Glattwale bzw. Grönlandwale - wobei letztere beide Arten mit den eingesetzten Methoden nicht einwandfrei unterscheidbar sind - und überraschenderweise Grauwale. Während die ersten fünf Spezies auch heute in diesem Teil des Atlantiks anzutreffen sind, leben Grauwale heute vor allem im Nordpazifik - jüngere Nachweise aus dem Nordatlantik fehlen.
Nachgefragtes Material vor rund 17.000 Jahren
Nachdem frühere Studien auf die Nutzung und gezielte Bearbeitung von Knochen von tot angeschwemmten oder lebend gestrandeten Walen in der Region vor bis zu 18.000 Jahren hinwiesen, verschiebt die neue Arbeit den Beginn noch weiter nach hinten. Vor 17.500 bis 16.000 Jahren scheinen sich die steinzeitlichen Menschen dann vermehrt dem Material zugewendet zu haben, später gibt es hingegen kaum Nachweise, heißt es in der Publikation. Bei den bearbeiteten Knochen dominierten Jagdwaffen wie längere Pfeilschäfte oder -spitzen. Attraktiv scheinen die Knochen auch aufgrund ihrer schieren Größe gewesen zu sein.
Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass die Gegend, die auch heute noch relativ viele Wale anzieht, damals noch walreicher war. Zudem war es damals deutlich kälter. Zeitweise dürfte das Meer dort eher vergleichbar mit der heutigen Arktis gewesen sein. Ebenso anders war die Nahrungskette aufgebaut. Ausgeschlossen ist für die Wissenschafter jedenfalls, dass die Steinzeitmenschen die Fähigkeiten hatten, große Wale aktiv zu jagen - auch nicht die eher in Küstennähe anzutreffenden Grau-, Glatt- oder Grönlandwale.
Service: https://doi.org/10.1038/s41467-025-59486-8
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