Von Mäusen und Mut: Neue ISTA Assistenzprofessorin Amelia Douglass erforscht Kommunikation zwischen Gehirn und Körper bei Mäusen
Im Juni kam die australische Neurowissenschafterin Amelia Douglass von der Harvard Medical School als Assistenzprofessorin an das Institute of Science and Technology Austria (ISTA). Gemeinsam mit ihrem Team erforscht sie die Geheimnisse von Überlebensinstinkten. Dabei untersucht sie, wie Mäuse und ihre Gehirne auf Bedrohungen aus der Umwelt reagieren. Gewonnen werden können daraus möglicherweise Erkenntnisse über Stress und Angstzustände bei Menschen.
Eine Maus irrt vom Garten auf die Terrasse. Hektisch sucht sie nach Essen, mustert ihre Umgebung – links, rechts, dann wieder links – und zieht weiter. Eine faule, aber stets aufmerksame orange-getigerte Katze im Haus beobachtet jede Bewegung der Maus. Die Katze hat gerade ein Nickerchen gemacht, ist aber plötzlich hellwach und läuft in Windeseile durch die offene Tür auf die Veranda. Die Maus erblickt das Raubtier und erstarrt. In Sekundenschnelle schätzt der kleine Nager die Situation ab und setzt alles auf Flucht. Im Zickzack läuft die Maus durch den Garten und sucht einen geeigneten Unterschlupf.
Was ist der Grund für dieses Verhalten?
Erhöhte Herzfrequenz, Blutdruck, schnelle Atmung. Diese physiologischen Veränderungen werden vom Gehirn gesteuert und sind wichtig, um den erhöhten Energiebedarf bei Stress zu decken. Genau diese treiben auch das flexible und schnelle Fluchtverhalten der Maus an.
Amelia Douglass, neue Assistenzprofessorin am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg, erforscht, wie sich Tiere an ihre Umwelt anpassen, um ihr Überleben zu sichern. "Vor allem wollen wir verstehen, wie das Gehirn gleichzeitig das Weglaufen vor einem Raubtier koordiniert und zur selben Zeit die Herzfrequenz und den Blutdruck anpasst", erklärt sie.
Gemeinsam mit ihrem Team möchte die Neurowissenschafterin einen ganzheitlichen Überblick darüber gewinnen, wie das Gehirn mit den inneren Organen "spricht", um den Körper als Reaktion auf Bedrohungen zu steuern. Zu diesem Zweck verwenden die Forschenden Mäuse als Modellorganismen.
Experimente beinhalten zum Beispiel in-vivo-Aufnahmen (im lebenden Organismus) der Aktivität von Neuronen im Gehirn, die gezielte Veränderung der neuronalen Aktivität oder die genaue Beobachtung von Verhalten und Körperfunktionen. Daraus können die Wissenschafter:innen Erkenntnisse gewinnen, wie das Gehirn organisiert ist, um auf Bedrohungen zu reagieren, und wie sich seine Reaktion im Laufe der Zeit verändern kann.
Ihre Erkenntnisse werden Aufschluss geben darüber, wie das Gehirn das Überleben des Organismus sichert. "Sobald wir diese Ziele erreicht haben, hoffe ich das Gelernte auch für den Menschen nutzbar zu machen. Besonders wollen wir verstehen wie solche Überlebensanpassungen bei Stress und Angst gestört werden", so Douglass weiter.
Die Schnittstelle zwischen Körper und Gehirn
Das Team konzentriert sich besonders auf einen ganz bestimmten Bereich des Gehirns: den sogenannten Hypothalamus. Trotz seiner geringen Größe ist dieses Areal für die Regulierung der Körperfunktionen und die Aufrechterhaltung der Homöostase – des inneren Gleichgewichts des Körpers – unerlässlich. Diese Aufgaben erfüllt er durch die Interaktion mit dem peripheren Nervensystem, dem Hormonsystem und den motorischen Bereichen des Gehirns.
Douglass erklärt: "Unser Ziel besteht darin, die Organisation des Hypothalamus zu verstehen, die er nutzt um Umweltherausforderungen wie Bedrohungen zu erkennen und körperliche Reaktionen zu steuern. Unser Interesse gilt aber auch den Mechanismen, die es dem Körper ermöglichen, schnell auf Bedrohungen zu reagieren und gleichzeitig diese Reaktionen zu unterdrücken, wenn keine Gefahr besteht." Zudem hofft Douglass, herauszufinden, wie diese Reaktionen auf Gefahr durch den inneren Zustand des Tieres, wie Hunger oder Krankheit, oder durch die Tageszeit beeinflusst werden.
Von Australien nach Österreich
Geboren und aufgewachsen in Australien, erhielt Amelia Douglass ihren Bachelor an der University of Queensland, Australien, bevor sie nach München zog, um bei Rüdiger Klein am Max-Planck-Institut für Neurobiologie zu promovieren. Anschließend arbeitete sie als Postdoc in Boston mit Brad Lowell am Beth Israel Deaconess Medical Center der Harvard Medical School zusammen.
In ihrer Rolle als Assistenzprofessorin am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) startet sie nun ihr erstes eigenes Labor. Aktuell ist sie auf der Suche nach engagierten PhD-Student:innen und Postdocs, die gemeinsam mit ihr untersuchen möchten, wie das Gehirn den Körper in der Aufrechterhaltung der Homöostase reguliert.
Auf die Frage, was ihr Energie gibt, antwortet Douglass: "Da Wissenschaft unberechenbar sein kann, genieße ich Aktivitäten, die einen klaren Weg und ein vorhersehbares Ende haben, wie zum Beispiel Backen oder Wandern." Diese Hobbys lassen sich beim ISTA gut umsetzen, da der Wienerwald in unmittelbarer Nähe liegt und das "Baking-Lab"-Team ständig nach neuen kulinarischen Kreationen sucht.
Medienkontakt: Andreas Rothe andreas.rothe@ista.ac.at +43 664 8832 6510