Forscher fischen mit semikristalliner Nano-Zellulose nach Farbstoffen
Mit aus Zellulose-Abfällen - also etwa auch Altpapier - gefertigten, neuartigen Nano-Geweben wollen Forscher der Technischen Universität (TU) Wien künftig einen Beitrag zum Filtern von schädlichen Textilfarbstoffen leisten. Die Experten vom Institut für Materialchemie stellten kürzlich im Fachblatt "Small Science" einen Ansatz vor, mit dem effizient nach den winzigen Farbpartikeln gefischt wird. Dazu spinnen sie ein engmaschiges Netz aus "semikristalliner Nano-Zellulose".
Die Zielstrukturen der Forscherinnen und Forscher sind bestimmte synthetisch erzeugte organische Farbstoffe namens "Azo-Verbindungen". Vor allem in Ländern, in denen in der Textilindustrie noch wenig Wert auf Umweltstandards gelegt wird, werden diese häufig eingesetzt und gelangen entsprechend oft ungefiltert ins Abwasser. "Das ist gefährlich, denn solche Farbstoffe werden nur sehr langsam abgebaut, sie können lange Zeit im Wasser bleiben und bergen große Gefahren für Mensch und Natur", so Günther Rupprechter.
Bessere Ergebnisse beim Herausziehen dieser Verbindungen gegenüber herkömmlichen, oft auf umweltschädlichen, metallhaltigen Substanzen beruhenden Verfahren verspreche der Ansatz, "ein Nanogewebe aus vielen winzigen Fasern herzustellen, durch die das Wasser hindurchsickert", wird der Wissenschafter am Mittwoch in einer Aussendung der TU Wien zitiert. Das Team um den Studien-Erstautor Qaisar Maqbool setzt in diesem Zusammenhang auf "semi-kristalline Nano-Zellulose, die man aus Abfallmaterial herstellen kann".
Diese sind so aufgebaut, dass sie extrem viel Oberfläche pro Quadratzentimeter aufweisen, und so die Azo-Verbindungen deutlich mehr Gelegenheiten haben, mit jenen Materialien in Austausch zu treten, die sie an sich anbinden sollen. Durch das nun an der TU entwickelte "Nanoweb"-Herstellungsverfahren "kann man erreichen, dass die Flüssigkeit (aus Nano-Zellulose und dem Kunststoff Polyacrylnitril, Anm.) beim Aushärten extrem feine Fädchen bildet, mit einem Durchmesser von 180 bis 200 Nanometern", so Rupprechter.
In Tests zeigte sich, dass die neuen Strukturen in drei Filterzyklen 95 Prozent eines violetten Farbstoffes binden konnten: "Man kann dann entweder das ganze Gewebe entsorgen oder es aber auch regenerieren, die gespeicherten Farbstoffe herauslösen und das Filtergewebe wiederverwenden", so der Forscher. In weiteren Versuchen möchte man nun herausfinden, wie gut sich die Methode zum Einsatz in größerem Stil eignet. Interessant könnte das Verfahren auch im Medizin-Bereich sein: "Bei der Dialyse etwa geht es ebenfalls darum, ganz bestimmte chemische Stoffe aus einer Flüssigkeit herauszufiltern."
Service: https://doi.org/10.1002/smsc.202300286