Vom Abfall zur Ressource
Wie können die enormen Mengen an Bauabbrüchen künftig wiederverwendet werden, anstatt im Recycling zu landen? Mit dieser Frage beschäftigt sich das BOKU-Forschungsteam am Institut für Hochbau, Holzbau und kreislaufgerechtes Bauen im Projekt KRAISBAU. "Wiederverwendung wird sich nur dann flächendeckend durchsetzen, wenn sie nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich konkurrenzfähig ist", betont Institutsleiter Benjamin Kromoser. Um dieses Ziel zu erreichen, entwickelt das Team ein strukturiertes Framework, das präzise erfasst, welche Bauteile sich für eine Wiederverwendung eignen – und unter welchen Bedingungen diese sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll ist.
Im Projekt werden die Grundlagen für eine Standardisierung des Wiederverwendungsprozesses erarbeitet. Ziel ist es, Bauteilen ein zweites Leben zu ermöglichen und den ökologischen Fußabdruck im Vergleich zu herkömmlichen Bauweisen deutlich zu reduzieren. Künftig soll auch Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen – etwa um unvollständige Datensätze zu ergänzen und so die Analyse weiter zu präzisieren. Besonderes Augenmerk legen Benjamin Kromoser und Maximilian Klammer auf die Tragstruktur von Gebäuden, die einen der größten Materialanteile ausmacht – und damit ein enormes Potenzial für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft bietet.
Hightech-Check für wiederverwendbare Bauteile
Das Forschungsteam widmet sich dabei drei zentralen Fragen:
- Welche Bauteile und Materialien eignen sich für die Wiederverwendung?
- Wie verändert sich ihr Zustand im Laufe der Zeit?
- Und wann stehen sie in ausreichend guter Qualität erneut zur Verfügung?
Um diese Fragen zu beantworten, entwickelt das Team ein automatisiertes Verfahren zur Gebäudeaufnahme. Dieses erfasst neben Geometrie und Materialeigenschaften insbesondere den Zustand bestehender Bauwerke. Zum Einsatz kommen dabei auch moderne, wellenbasierte und nicht-invasive Prüfmethoden, die eine präzise Bewertung ohne Eingriff in die Bausubstanz ermöglichen.
Der Ablauf der Analyse erfolgt in mehreren Schritten:
1. Automatisierte Building-Information-Modeling-Analysen (BIM) identifizieren zunächst potenzielle Schadenszonen.
2. Im nächsten Schritt kommen Foto- und Scanverfahren zum Einsatz, um Verformungen, Risse oder Ablösungen an der Oberfläche zu erfassen.
3. Nichtinvasive Methoden wie Ultraschall oder Radar erhöhen ergänzend die Genauigkeit der Bewertung – ohne die Bauteile selbst zu beschädigen.
4. Nur bei besonders kritischen Bauteilen, etwa tragenden Betonelementen, werden stichprobenartig gezielte invasive Detailanalysen durchgeführt, um die Ergebnisse weiter zu verfeinern.
Die erfassten Daten werden anschließend in einem mehrstufigen digitalen Analyseprozess ausgewertet. Ziel ist der Aufbau einer strukturierten Datenbankarchitektur auf Basis des IFC-Standards, die Bauteile systematisch und in mehreren Dimensionen erfassbar macht.
In dieser Datenbank werden Informationen wie Lage, Nutzung, Herstellung, Klimaexposition, Zustand und Wartungshistorie miteinander verknüpft. So entsteht ein zentrales digitales Werkzeug, das künftig automatisierte Bewertungen ermöglicht – und sicherstellt, dass wertvolle Informationen über Bauteile langfristig verfügbar und wiederverwendbar bleiben.
Matrix zur Wiederverwendbarkeit
Im Labor des Instituts werden Techniken und Methoden, die zur Wiederverwendung von Bauteilen beitragen können, praxisnah erprobt – von der Druckprüfung alter Vollziegel bis hin zur Integration dieser Materialien in neue, kreislauffähige Bauteile. Parallel dazu arbeitet das Forschungsteam daran, Planungsgrundsätze für die Kreislauffähigkeit von Gebäudebauteilen zu quantifizieren. Ziel ist es, künftig fundierte Entscheidungen zwischen Wiederverwendung, Recycling und Sanierung treffen zu können.
Die gewonnenen Erkenntnisse zu Materialwerten, Aufbereitungsaufwand und Wiederverwendungspotenzial fließen in eine eigens entwickelte "Matrix zur Wiederverwendbarkeit " ein. Damit schafft das Team eine methodische Grundlage für eine neue Baupraxis, die ressourcenschonend, zukunftsorientiert und digital anschlussfähig ist. "Wir wissen heute sehr genau, was es braucht, damit Wiederverwendung gelingen kann. Was noch fehlt, ist der Weg in die breite Umsetzung", betont Benjamin Kromoser.
Weitere Informationen zum Projekt KRAISBAU – sowie zu über 30 weiteren Projekten von BOKU-Forscher* innen rund ums nachhaltige Bauen – finden Sie auf der Website "Grüne Zukunft bauen": https://boku.ac.at/oeffentlichkeitsarbeit/gruene-zukunft-bauen
Gefördert wird das Projekt KRAISBAU von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) sowie vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK).
Rückfragehinweis: BOKU University Mag.a Astrid Kleber-Klinger Telefon: 0664 8858 6533 E-Mail: astrid.kleber@boku.ac.at
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