Digitale Zwillinge überwachen, lernen und optimieren in Echtzeit
Digitale Zwillinge bilden ein physisches System virtuell ab und ermöglichen es, dieses zu überwachen. Mit dem Christian Doppler (CD)-Labor für verteiltparametrische Systeme rücken jene Technologien in den Fokus, die kleinteilig überwacht werden müssen, um Abweichungen von der Simulation schnellstmöglich zu erkennen und Maßnahmen ergreifen zu können. Seitens der TU Wien arbeiten gleich zwei Institute gemeinsam an der Lösung dieses Problems, das Institut für Mechanik und Mechatronik, an dem auch CD-Labor-Leiter Martin Kozek arbeitet und das Institut für Energietechnik und Thermodynamik. Die Zusammenarbeit erfolgt mit den Industriepartnern AVL List GmbH und Semperit GmbH und wird durch Kooperationen mit dem Forschungszentrum Jülich und der Universität Ljubljana ergänzt. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus geförderte CD-Labor wurde am 31. Oktober 2025 feierlich eröffnet.
Bundesminister Wolfgang Hattmannsdorfer unterstreicht die Bedeutung des Forschungsgebiets: "Digitale Zwillinge stehen beispielhaft dafür, wie moderne Standortpolitik Forschung, Innovation und Wirtschaft miteinander verknüpft - als Schlüssel zu nachhaltiger Wettbewerbsfähigkeit. Wenn wir Daten und Technologie intelligent verbinden, entsteht ein klarer Wettbewerbsvorteil - für Betriebe, Beschäftigung und Nachhaltigkeit. Das neue Christian Doppler Labor zeigt, wie aus österreichischer Forschung industrielle Zukunft entsteht. Ich wünsche Martin Kozek, seinen Unternehmenspartnern und seinem Team dabei viel Erfolg."
Virtuelle Abbilder schaffen
Bei digitalen Zwillingen handelt es sich um ein virtuelles Abbild eines realen technischen Systems, das anhand von Sensordaten ständig aktualisiert wird - der physische und der virtuelle Zwilling sind folglich miteinander verbunden. Teilweise können diese sich sogar wechselseitig beeinflussen. So eröffnen digitale Zwillinge nicht nur die Möglichkeit, komplexe Prozesse zu simulieren, sondern ihr Verhalten in Echtzeit zu überwachen, vorherzusagen und zu optimieren.
Im Mittelpunkt des CD-Labors stehen Systeme mit räumlich verteilter Dynamik, was bedeutet, dass zentrale Größen wie Temperatur oder Druck nicht gleichmäßig im Raum verteilt sind. "Batterien zählen etwa zu diesen verteiltparametrischen Systemen", erklärt Martin Kozek. "Bei solchen Systemen treten kritische Zustände - etwa eine lokale Schädigung in einer Batterie - immer an bestimmten Stellen auf, können sich aber auf die Lebensdauer und Zuverlässigkeit des gesamten Systems auswirken." Wird nun ein Mittelwert des Gesamtsystems betrachtet, fällt diese Schädigung jedoch zu spät auf, um rechtzeitig gegensteuern zu können. Weitere Technologien, die ähnlich komplex sind und für die im Rahmen des CD-Labors digitale Zwillinge geschaffen werden, sind Brennstoffzellen, Elektrolyseure und Elastomer-Extrusionsprozesse.
Hochgesteckte Ziele für nachhaltige Technologien
Das CD-Labor verfolgt daher das Ziel, mathematisch präzise, aber zugleich effizient berechenbare Modelle zu entwickeln, die in Echtzeit eingesetzt werden können. Diese digitalen Zwillinge sollen nicht nur den aktuellen Zustand eines Systems widerspiegeln, sondern sich auch laufend anpassen und dazulernen. "Damit lassen sich Abweichungen frühzeitig erkennen, die Lebensdauer von Komponenten verlängern und Produktionsprozesse nachhaltiger gestalten", erklärt Kozek. Ein Schwerpunkt liegt auf der Nutzung moderner Sensortechnologien, ergänzt durch sogenannte "Soft-Sensoren", die Messdaten rechnerisch ableiten und so ein noch detaillierteres Bild des Systemverhaltens ermöglichen.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt betrifft die Überwachung und Diagnose: Mit Methoden wie verteilten Zustandsbeobachtern sollen Stressfaktoren identifiziert und Prognosen über Lebensdauer oder Produktqualität erstellt werden. So können digitale Zwillinge nicht nur bei der frühen Fehlererkennung unterstützen, sondern auch aktiv zur Optimierung von Betrieb und Steuerung beitragen.
Ziel des CD-Labors ist es nicht nur, maßgeschneiderte Lösungen für die beiden Industriepartner zu schaffen, sondern eine Methode zu entwickeln, die sich auf Systeme verschiedenster Art anwenden lässt.
Über Christian Doppler Labors
In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende Wissenschaftler_innen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel. Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus (BMWET).
Rückfragehinweis: Prof. Martin Kozek Technische Universität Wien Forschungsgruppe Regelungsmethoden-Energiesysteme +43158801325512 martin.kozek@tuwien.ac.at Aussenderin: Sarah Link, M.A. PR und Marketing Technische Universität Wien +43664605882412 sarah.link@tuwien.ac.at